11. Juli 2018

Karussellbetrug: Vorsteuerabzug bei Gutgläubigkeit?

Welche Sorgfaltsmaßnahmen von einem Unternehmer, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, verlangt werden können, hängt aufgrund fehlender Regelungen von den jeweiligen Umständen ab.

Betrugsdelikte im Zusammenhang mit hinterzogenen Umsatzsteuern sind für Unternehmer schwer durchschaubar. Auch seriös arbeitende Unternehmer können in einen sogenannten Karussellbetrug verwickelt sein. Die Folge davon kann der Verlust des Vorsteuerabzuges sein, soweit der Unternehmer von der Umsatzsteuerhinterziehung wusste oder wissen musste. Schutz vor diesem Verlust bringen insbesondere die Dokumentation des Geschäftsablaufes und damit der Nachweis der Gutgläubigkeit.

Begriff des Karussellbetruges

Bei einem Karussellbetrug wirken meist mehrere Unternehmer in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten zusammen, wobei ein Unternehmer in dieser Kette die Umsatzsteuer nicht abführt, die anderen Abnehmer hingegen die Vorsteuerbeträge geltend machen. Es gibt auch Fälle, in denen seriös arbeitende Firmen in diese Betrugskette eingebunden werden, ohne dass diese von einem Betrug etwas bemerken.

Grundsätzlich hat der Unternehmer ein Recht auf Vorsteuerabzug, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Das Recht auf Vorsteuerabzug entfällt aber, wenn der Unternehmer wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehung steht. Dies gilt auch wenn ein solches Finanzvergehen einen vorgelagerten oder nachgelagerten Umsatz betrifft.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) führt hierzu aus, dass es keinesfalls zulässig ist, die Kontrollaufgaben der Steuerbehörde vollständig auf den Unternehmer zu übertragen. Unternehmer sind zwar verpflichtet, ihre Lieferanten zu kontrollieren, diese Pflicht darf aber nicht überzogen werden.

Sorgfaltsmaßstab differiert nach Geschäftszweigen

Welche Maßnahmen von einem Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen möchte, verlangt werden können, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, dass seine Geschäfte nicht in einen Betrug einbezogen sind, hängt aufgrund fehlender Regelungen im Gesetz von den jeweiligen Umständen ab. Maßgeblich sind nicht die persönlichen Fähigkeiten des Unternehmers.

Abzustellen ist auf einen objektiven Maßstab, wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Geschäftszweigen durchaus differieren kann. Hierbei gilt allgemein, dass die Sorgfalts- und Kontrollpflichten des Unternehmers umso höher sind, je ungewöhnlicher die einzelnen Sachverhalte im Vergleich zu den Usancen der betreffenden Branche gelagert ist.

Wir raten aus Nachweisgründen im Zusammenhang mit Lieferanten zumindest zum qualifizierten UID-Bestätigungsverfahren (Stufe 2 Abfrage), zu einer Firmenbuchabfrage sowie zur Aufforderung zur Vorlage der Gewerbeberechtigung. Wichtig für die Glaubhaftmachung gegenüber der Finanz ist, dass die oben durchgeführten Maßnahmen auch nachgewiesen werden können. Daher ist es notwendig, die Abrufe und Nachweise entweder in Papierform auszudrucken und abzulegen oder digital zu archivieren.

ECA-Steuertipp:

Dokumentieren Sie die durch Sie getätigten Sorgfaltsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Beurteilung Ihrer Lieferanten